Kann die Vernunft dem kritischen Anspruch der Aufklärung gerecht werden? Zur Radikalität der Selbstkritik der Vernunft bei Kant und der Verteidigung der Vernunft durch O’Neill
Abstract
Der Aufsatz untersucht – ausgehend von der Schrift „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“ – die folgenden drei Punkte: das Aufklärungsverständnis Immanuel Kants, dessen Implikationen für die kritische Vernunft und den Ansatz Onora O’Neills, die Vernunft gegen die Radikalität ihres eigenen kritischen Anspruchs zu verteidigen. Die reflexiv gewordene Aufklärung führt zu dem Problem, dass die kritische Vernunft sich nicht selbst begründen kann. O’Neill sucht einen Ausweg, indem sie den kritischen Anspruch der Vernunft reduziert. Sie begreift die Vernunft als einen Prozess, der der Urteilsfindung durch regulative Prinzipien Gültigkeit verleiht. Damit gelingt es ihr zwar, die so verstandene kritische Vernunft gegen sich selbst zu verteidigen. Jedoch muss sie den bei Kant entscheidenden Aspekt der Frage nach der Wahrheit aufgeben.
This paper examines the following three issues in reference to Kant’s essay “Answering the question: What is Enlightenment?” : Kant’s understanding of enlightenment, the implications of this understanding on the critique of reason and Onora O’Neill’s approach to vindicating reason against its own standards. In becoming reflexive, enlightenment is confronted with the problem that the critique of reason cannot legitimize itself. O’Neill finds a possible solution by moderating the standards of the critique of reason. She defines reason as a process that validates critical judgment by submitting it to regulative principles. She thus succeeds in vindicating reason against itself. However, reason loses its ability to answer the question of truth, which is a crucial aspect of Kant’s concept of reason.